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Apr 24, 2016 - Backblech    1 Comment

Auf die Knie!

Ja, ich weiss, ich habe diese Schriftstelle sträflich vernachlässigt. Nun habe ich allerdings in einem Café eine junge Frau am Nebentisch angesprochen und gefragt, ob ich ihr Knie fotografieren darf und das bringt mich in einen gewissen Zugzwang. Sie hat tatsächlich ja gesagt, also muss ich Angedachtes auch in Vorhandenes umwandeln. Nebenbei wird mich eine ihrer Freundinnen auch noch zu einem Live-Lebensmitteltest herausfordern, denn bei der Erklärung, was mein Blog so macht, konnte ich natürlich nicht die Fresse halten. Danke ich.

Warum ich ein Kniefoto wollte? Das kommt noch. Aber schon die Tatsache, dass ich so was ernsthaft frage hat irgendwelche Synapsen im Kopf wieder auf Keks gestellt. Obwohl ich Strudel hatte. Root, die mir gegenüber sass, legte mir mit der Zeit auch deutlich nahe, ich solle jetzt ENDLICH fragen. Dann könne ich mich wieder auf eine reguläre Konversation konzentrieren. Hat funktioniert. Das Knie hat mich aber auch angestarrt!

Es ist in der Tat eine Herausforderung, nach Bildern eines Körperteils zu fragen, ohne wie ein komplett Gestörter rüberzukommen. Ich befürchte auch, der Überraschungseffekt hat mir zum JA verholfen und inzwischen ist die Ärmste völlig traumatisiert. Ähm, sorry. Hätte zur Not die Adresse einer Therapeutin auf Lager… Ziel war aber nicht wirklich das Knie, sondern der Schlitz in den Jeans, und jetzt bloss nicht falsch verstehen, es ist sicher ein tolles Knie und ach, aus der Nummer komme ich wohl jetzt nie mehr raus. Konnte ja nicht fragen, ob ich ein Schlitzfoto machen kann! (Erstleserinnen-Hinweis: So geht es hier dauernd zu und her, aber sonst bin ich normal. Nein, stimmt nicht, sonst… Ach, verflixt!)

Jedenfalls habe ich die dumpfe Ahnung, dass ich zurück bin. Schulde jemandem auch noch die Pseudo-Milch-Tests.

Dez 29, 2013 - Backblech, Geschmackssache    3 Comments

Content bedeutet “Inhalt”. Aber auch “zufrieden”. Aha.

Web 2.0, hach, was haben wir uns über dich gefreut. Endlich durfte jeder mitspielen. Wirklich jeder. Jeder. Echt jetzt. Jeder. Jede. Alle. Der billigste Internetanschluss reichte schon aus, um ein Teil zu werden. Teil nehmen. Teil haben lassen. Teilen. Oder neu-denglish: sharen. Im Nachhinein allerdings wäre ich dafür, dass die meisten Teilhabenlasser geviershared werden sollten. Nichts dagegen, dass Menschen mit Talent ihre Beiträge endlich einfacher publizieren und ein Publikum erreichen können, aber wie schon meine alte AQ-Formel sagt: „Je mehr Personen, desto mehr Arschlöcher“. Oder in anderem Sinne: Je mehr Personen mit Talent, desto mehr Vollpfeifen. Ich schätze ein Ratio von 1:37, wobei leider die 1 oft untergeht. Soziale Netze sind so freundlich und verteilen Schrott mit dem Tempo einer Zombie-Epidemie und wir wissen alle aus Film und Fernsehen, wo das hinführt.

Beispiel Musik: YouTube. Früher war ein Remix eine Neuinterpretation eines Musikstückes. Dabei zerlegt der Remixer das Original in kleine Stücke und setzt sie neu zusammen, verändert die Stimmung oder sogar das Genre. Heute ist ein Remix das Original, nur beschleunigt und mit einem unpassenden Beat unterlegt (Dance Mix). Ist der Beat noch schneller und härter, wird daraus ein Techno Mix. Und nach der Häufigkeit der Dubstep Mixe zu urteilen, wird die Billigsoftware für Musikbearbeitung standardmässig damit ausgeliefert.

Beispiel Literatur: Amazon und Apple. Früher war ein Buch ein durchdachtes Werk, lektoriert und korrigiert, der Verlag wollte seine Einkünfte für den Produktionsaufwand sichern und demzufolge den Lesern keinen Schrott zumuten. Heute ist ein Buch meistens nur noch eine Zumutung. Zweihundert Seiten Blocksatz Fliesstext, keine Ahnung, was ein Satzspiegel ist. Logiklöcher, Fallfehler oder einfach nur eine nichtexistente Geschichte (bei Prosa, nicht in einem Sachbuch). Der Satz „Wow, du solltest ein Buch schreiben!“ wird zum Ersatz für „Wir werden alle sterben!“ (zumindest geistig). Immerhin ist der Trash mit 99 Cent billig, für ein Buch aber um etwa 20 Euro zu teuer.

Beispiel Fotografie: Instagram. Früher war ein Foto eine brillante Momentaufnahme, ein Glückstreffer oder eine Konstruktion mit Aussage. Das Ergebnis schaffte es in Magazine, in Museen oder sogar als Print an die heimische Wand. Heute ist ein Foto einer von zig Millionen Schnellschüssen, die weder schön, originell oder aufregend sind und auch nicht besser werden, weil man einen Farbfilter drauf legt. Ich plädiere für Instadelete, das automatisch jeden optischen Dreck noch vor der Verbreitung löscht. Ich werde Duckfaces und jeglichen „Trend“ wie Planking oder andere *ings furchtbar vermissen. Dann bekommt auch der Self Shot im Badezimmer wieder zu seiner alten Bedeutung zurück.

Nein, früher war nicht alles besser. Gab Ausnahmen. Früher wie heute. Aber früher war es einfacher, Schwachsinn zu filtern.

Aktuell im Ohr: Lily Allen „“ Fuck You (kein Remix)

Apr 26, 2013 - Backblech    No Comments

Metall! Metall!

amboss

In der Musikwelt dudelt eine Menge Schrott vor sich hin, unabhängig von Genre und Gesinnung. Hm. Bei genauerer Betrachtung mag der Einstieg einen falschen Blick auf die Kernaussage werfen, denn man könnte annehmen, dass ich andeuten will, dass unser heutiges Primärthema besonders produktiv in der Verschrottung von Qualität, beziehungsweise Musik ist. Dem ist aber nicht so. Es ist nur lauter. Es geht um die härtere musikalische Gangart namens „Metal“. Oder oft auch als „Heavy Metal“, was mich erneut verwirrt, denn egal wie ich auch suche, es gibt keinen „Light Metal“. Alu Rock. Allerdings scheinen Metallarbeiter besonders konstruktiv zu sein, wenn es um die Bezeichnung der von ihnen instrumentalisierten Werkzeuge geht. Folgende Auflistung stellt einen kleinen Überblick über von mir gefundene Spielarten des Metal-Genres dar:

Death, Metalcore, Stoner, Grindcore, Fusion, Progressive, Nu, Viking, Thrash, Black, MDM, Doom, Hardcore, Crustcore, Symphonic, Neo Progressive, Power, Symphonic, Funeral Doom, Sludge, Drone, Folk, Post Hardcore, Brutal Death, NWOBHM, Groove, Psychedelic, Medieval Neo Folk, Brutal Death, Neo Classic, Ambient, Deathcore, Goregrind, Depressive, Shoegaze, Trancecore, Epic, Psychedelic Space, Blackened Death, Pagan, Gothic, Indie, Eclectic, Epic, Industrial, Crossover, Modern Melodic, Screamo, Dark Martial, Rapcore, Growl, Flamenco, Parody, Crust Punk, Glam, Jazz Metal, Depressive, Mathcore, Speed, Drone Doom, Occult, Post, Power, Avant Garde, Celtic Punk, Crust, Djent“¦

Oder in Kombinationen: Symphonic Industrial Black Metal, Progressive Neoclassical Power Metal, Progressive Trance Core, Technical Brutal Death Metal, etc. Aber kein Leichtmetall. Ich bezweifle auch, dass die Kopfschüttler tatsächlich eine detaillierte Beschreibung aller genannten Richtungen abgeben können. Ich tippe da eher auf „Random Dictionary Word Choice Metal“.

Aktuell im Ohr: IRGENDWAS LAUTES!!!

Apr 9, 2012 - Backblech    No Comments

Ostern III

Beinahe rechtzeitig zu Ostern ein passender Blick auf das meistverkaufte Buch aller (bisherigen) Zeiten: die Bibel. Übersetzt in 469 Sprachen sollen wohl so um die 2-3 Milliarden Exemplare verkauft worden sein. Und trotzdem ist vom Marketing-Standpunkt aus gesehen das Ganze ein riesiger Fehler. Anstatt das goldene Kalb richtig auszuschlachten, beliess man es bei einem Zweiteiler. Altes Testament. Neues Testament. Schluss. Kommt da nichts mehr? Fühlt man sich da als Fan nicht etwas verapfelt, wo doch sogar die Appleanhänger regelmässige Updates bekommen und in Schlangen (man sehe den Zusammenhang) vor den Kirch… Shops warten, um ihrer Religion zu huldigen. Jeder erfolgreiche Film bekommt Prequel, Sequel und/oder Spin-off. Aber das Buch der Bücher? Pustekuchen.

Dabei hat die Bibel doch alle Elemente eines Dauerbrenners: Wiederauferstehung (später von Soaps geklaut), Action, jede erdenkliche Sünde und Bestrafung, Sex, Mord und Totschlag, gute Wichte und Bösewichte, Katastrophen, Tolle Schauplätze. Aber rechnen wir mit einem "Neuesten Testament"? Hier ist doch schon die Fehlplanung zu erkennen. Sollte es jemals eine Fortsetzung geben, was kommt dann? "Testament „“ Das nächste Kapitel" (Achtung, der Begriff "letzte" ist zu vermeiden)? „Testament III“? Sat1 macht dann bestimmt einen ultralangen Untertitel dazu. Bei George Lucas könnte man eine Special Edition in Auftrag geben, die alle zwei Jahre nochmals mit beiläufigem Schnickschnack aufgearbeitet wird; die Verkäufe wären auf Jahrhunderte gesichert. Bibel 2.0 mit Social Media Anbindung. Extended Directors Cut.

Allerdings wäre dann zu überlegen, wie mit der Fangemeinde umgegangen wird, wenn tatsächlich weitererzählt wird. Ach ja, wer würde das denn schreiben? Autorenteams? Ghostwriter? Die originalen Autoren sind vermutlich nicht mehr verfügbar und ein Ersatz unter gleichem Namen, wie es bei anderen Serien ausprobiert wurde, fiele vermutlich auf. Aber egal, angenommen, Teil 3 kommt. Gibt es dann auch Petitionen im Internet wie kürzlich bei dem Spiel „Mass Effect 3″, wo die Anhänger mit dem Ende unzufrieden waren? Och nö, wir finden Apokalypse doof, macht doch was anderes. Nur gäbe es kaum die Möglichkeit, wie bei einem Spiel einen Patch zu installieren. Hm, vielleicht hat ja der ursprüngliche Autor das vorhergesehen. Dass man es den Menschen nie recht machen kann und dann doch lieber wie Arthur Conan Doyle darauf verzichtet, mehr zu verkaufen und die Hauptfiguren sterben lässt. Was später ebenfalls in Soaps zu einer sehr beliebten Spielart wurde, um sich derer Figuren zu entledigen. Aber irgendwie würde mich der Twist schon interessieren, wie ein dritter Teil erklärt wird.

Aktuell im Ohr: Pyriel „“ Prophecy

Mrz 29, 2012 - Backblech    No Comments

Coming soon or sooner

Fernsehsender haben durchaus Vorteile mit Teams und Organisationen und vor allem mit Programmplanern. Dort wird schön durchorganisiert und so kann der Sender auch ganz gut ankündigen, was läuft gleich, heute überhaupt, am nächsten Tag, am Wochenende, neu ab gewissen Tagen, diesen Monat, nächsten Monat, an den nächsten Feiertagen, zum nächsten Mondzyklus, zum nächsten Zyklus der Programmchefin und so weiter und zurück. Das ist nett und hat den Vorteil, dass man zwar immer weiss, was alles kommt, aber spätestens nach dem dritten Spot nicht mehr wann. Schliesslich laufen zwischen den Ankündigungen noch die Sendungen, die angekündigt worden sind vor Kurzem, heute Morgen, Gestern, letztes Wochenende, „¦ ihr wisst, was ich meine. Ich weiss, DASS was kommt, aber nicht genau WANN. Das beunruhigt mich, weil es eine gewisse Ähnlichkeit besitzt mit dem Leben. Morgens in den Spiegel schauen und der sagt: „Demnächst: Die Anmeldung beim Arzt!“ oder „Diesen Frühling: The biggest Loser nur ohne scharfe Trainerin!“. Ich weiss auch, DASS ich irgendwann in die Kiste hüpfe, aber nicht genau WANN.

Aber nochmals zum Fernsehen. Ich wurde informiert, wann was ausgestrahlt wird und sollte ich mir ernsthaft merken, dass wann und wo, dann könnte ich den Festplattenrekorder programmieren. Konsequent. Einige Wochen später leuchtet ein lustiges Licht am Gerät, das mich informiert, die Harddisk sei voll. Denn ich musste alles aufzeichnen, weil ich mich nicht mehr auf die Filme und Serien konzentrieren konnte, musste ja alle Spots und Trailer festhalten und notieren und planen und programmieren. In der Nachbearbeitung muss ich leider den Grossteil wieder löschen, denn es kommen doch immer wieder neue Folgen und Filme und ganz viele Ankündigungen und Trailer und Teaser und wer soll das alles sichten und“¦ am Ende wird alles formatiert und ich schau mir das Meiste im Internet an. Wobei, da ist noch dieser Link auf die neue Serie in den USA“¦ ARGH. Deshalb mache ich hier keine Ankündigungen. Ausser vielleicht auf die Feiertagsedition zu Ostern. Wenn mir da kein Zyklus in die Quere kommt.

Aktuell im Ohr: Firefox AK „“ Color The Trees

Mrz 21, 2012 - Backblech, Geschmackssache    No Comments

Einpacken oder auspacken

Im Schaufenster von Beldona waren vor Weihnachten allerlei knappe, edle und teure Dessous-Kreationen zu besichtigen und natürlich im Ladeninneren käuflich zu erwerben. Das könnte etwas so ausgesehen haben wie auf dem oberen Bild.

Nach den Feiertagen jedoch wechselte das zur Schau gestellte Angebot nicht zu derselben Palette in günstig, sondern zu flanelligen, pastelligen und sehr hautbedeckenden Kleidungsstücken in supergünstig. Siehe auch Beweisstück 2.

Wir betrachten die möglichen Gründe für dieses Verpackungskuriosum. Vor Weihnachten wird mit den (mehr oder weniger heimlichen) Wünschen der Konsumenten jongliert. Deutlicher Hinweis: die im Hintergrund arrangierten, zur Jonglage geeigneten Kugeln. SIE möchte gerne so aussehen, ER möchte sie gerne so ansehen. Dabei geht auf beiden Seiten der Tatsachenbezug flöten, dass Verpackung alleine eben doch nicht alles ist. Das lässt sich auch auf das Gegengeschlecht anwenden: Beckham-Boxershorts machen weder erfolgreich noch ein Sixpack, hat dafür aber auch keinen Einfluss auf den IQ. Aber schliesslich hat SIE sich immer beschwert, er kaufe nur „Nützliches“ und sowieso zu billig ein, warum also nicht? Ganz einfach: Beispielbild 3. Sieht fast genau so aus, kostet aber nur zehn Prozent davon.

Nach den Feiertagen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt und das Geld sich ab. Umtausch ist zu unser aller Glück ausgeschlossen (und wer bitte schön kauft Badezeug und Unterwäsche in Second-Ass-Läden?) Was bleibt also, ausser möglichst günstig den Flanell des Vergessens und den Plauzengummi des Verdrängens auszubreiten beziehungsweise auszuweiten? Und siehe da, was bieten die Schaufenster feil: Sack- und Packmaterial. Gültig bis zu den nächsten Feiertagen. Ich werde zu Ostern die Augen offen halten. Nach Wäsche, ist ja kein Häschen da und irgendwie hab ich jetzt Lust auf Schinken.

Aktuell im Ohr: Skylar Grey – Love The Way You Lie

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Mrz 20, 2012 - Backblech    No Comments

Süssstofffusseleien

Im Englischen existiert der schöne Begriff „eye candy“, also Süssigkeit fürs Auge. Was haben Süssigkeiten so an sich? Süss, bunt, verführerisch, aber im Abgang etwas hohl. Sollte also eine Dame im ersten Moment als Augenzucker bezeichnet werden, darf sie sich kurz über den Status des Augenschmausigen freuen, sollte sich aber im Nachfolgenden doch fragen, ob sie sich auch als hohle Nuss sieht. Diejenigen, die tatsächlich hohle Nüsse sind (oder jedwedes Hohlgefäss, um jetzt nicht nur den Nüssen eins auf selbige zu geben), die freuen sich nur und damit sei es belassen.

Wenn ich mir zu viel „eye candy“ gönne, werden dann meine Augen fett? Oder verhält es sich wie bei regulärem Süsskram, dass nicht die Zunge (Primärkontakt) dick wird, sondern ein entferntes Körperteil? Gut, je nachdem, WIE süss jemand aussieht, kann es gut sein, dass sofort ein Körperteil grö… aber das geht auch wieder weg. Ich meine nachhaltige Zunahme durch optische Reize. Schwillt das Gehirn an? Oder zählt über Umwege erreichtes Muskelwachstum auch, weil man möchte, dass man bei der Süssen Chancen auf mehr hat als nur Gucken?

Die Alternative wären Light-Produkte. Künstliche Erweiterungen wie Push-Ups, Schminke, Extensions, Forming-Fummel zwecks Fummel-Forming und was es da noch alles gibt. Aber wie bei echten Lightprodukten… Gut, „echt“ und „light“ passt nicht. Ähnlich den Nahrungsmitteln mit Aufdruck „kalorienreduziert“ (als Synonym für „geschmacklich grenzwertig“) ist „eye lighty“ zuerst vielversprechend, aber im Abgang suboptimal. Bei einem Reduktionssandwich wird mir das nach einer Stunde klar, bei einem Reduktionsgirlie möglicherweise erst nach dem Aufwachen. Da hilft dann nur noch eine rosarote Zuckergussbrille. Optional mit verspiegelten Gläsern. Gegen innen.

Aktuell im Ohr: Starbucksjazz

Mrz 19, 2012 - Backblech    2 Comments

Packungsbeilagen sind das wahre Böse

Wer kennt es nicht: „Dies ist ein Arzneimittel. Lassen Sie sich von einer Fachperson beraten und lesen Sie die Packungsbeilage.“ Meistens fangen damit die Probleme doch erst an! Aber eins nach dem andern. Viele Patienten trudeln schon mit einer kompletten Diagnose beim Hausarzt (oder im Krankenhaus) ein, denn zu jedem Wehwehchen und Auachen kann das Internet reichlich Auskunft geben. Besonders in einschlägigen Foren erhält der Suchende kompetente (MUAHAHA) und medizinisch fundierte Fernauskünfte, denn so läuft schliesslich auch die Untersuchung beim Arzt: Anhand vager und fehlerhafter Beschreibungen bekommt der geneigte Kranke ohne körperliche Nahbetrachtung oder Laborwerte genau gesagt, was er hat und was er zu tun hat. Mich wundert, dass trotz aller Besserpisser (Urologie), Herzkasper (Kardiologie) und Dörrbirnen (Psychiatrie) die Sterblichkeitsrate in internettisierten Ländern nicht explodiert ist.

Aber nochmals zu den Selbstdiagnostikern, die dann doch zum Arzt gehen. Es möge jeder einmal seinen eigenen Doktor fragen, ob jemals ein Selberbestimmer und Eigenverschlimmerer in die Praxis gekommen ist, der sich bloss mit einem Schnupfen oder einer Verspannung unwohl fühlte. Nein, nein. Da muss minimal ein Gehirntumor her oder eine laterale Subtissualruptur. Die abweichende Farbe der Zunge bedeutet nicht, dass man vorhin eine Tasse Kaffee getrunken hat, sondern eher, dass ein Parasit die Innereien auffrisst und man noch ungefähr 15 Stunden zu leben hat. Man gönnt sich ja sonst nichts.

Bekommt der Patient aber nach allen Widrigkeiten am Ende doch etwas verschrieben, dann kommt es richtig schlimm. Lassen Ärzte und Apotheker absichtlich die Beipackzettel drin? Damit der Eigendiagnöser möglichst bald wieder kommt? Oder was genau soll ich mit der Information, dass mein Kopfschmerzmittel mir Magenkrämpfe, Pupillenerweiterungen oder Herzrasen verschafft? Kaufe ich mir dazu ein Mittelchen gegen Magenkrämpfe, erfahre ich dort, dass eine der Nebenwirkungen heftiges Kopfweh ist. Hätten Pillen Schwänze, sie würden sich selbst rein beissen. Ich hatte schon Kram, da stand auf dem Zettel „kann zu erhöhter Anfälligkeit für Suizidgedanken führen“. Ähm ja, danke. Oder wenn eine gewisse Disposition da ist, dann kann bei gleichzeitigem Einnehmen mit einer anderen Substanz ein Locked-In-Syndrom vorkommen. Man lebt, ist voll da, kann sich aber weder bewegen, noch artikulieren. Supi. Aber wenigstens renne ich da nicht zum Arzt und frage seltsame Sachen.

Aktuell im Ohr: Rammstein – Mein Land

Mai 21, 2011 - Backblech    No Comments

Das hat sich gewaschen

Erstaunlich, dass die Menschheit immer noch lebt. Abgesehen davon, dass sie sich seit Jahrtausenden gegenseitig auszurotten versucht, stehen ihr diese bösen Widrigkeiten der Umwelt im Weg. Heimtückisch, wie die sind, machen sie sich ganz klein und verstecken sich, damit man sie spürt, aber nicht sieht. Fast wie Fürze im Lift, nur noch etwas gemeiner. Viren. Bakterien. Bazillen. Die sind alle so wahnsinnig böse. Aber trotzdem leben wir noch. Wie kommt’s?
Vor langer, langer Zeit kam jemand darauf, dass die stinkende Kruste auf der Haut, die vorzüglich isolierte, mit Wasser entfernt werden kann. Im Nullkommanichts war der Mensch offen für Hautpflege, Hautkrebs und Hautihnschnellerum. Die spätere Gegenbewegung in höfischen Kreisen (mehr Parfum, weniger waschen) setzte sich nicht endgültig durch, obwohl einige Mitreisende in Bus oder Zug dieser Epoche noch immer zugetan scheinen.
Später aber entdeckte man wohl, dass Dreck auch krankmachen kann (nicht die Reality Soaps im TV) und dass in Bereichen mit höherem Personenaufkommen weniger Gestank keine so schlechte Sache ist. Die Idee, sich nach dem Gang zur Toilette auch noch die Hände zu waschen, hat sich leider bis heute noch nicht vollständig zum Trend ausgewachsen, obwohl der werbeträchtige Einsatz von Pandemien hier eine gewisse Verbesserung bewirkt hat. Nur: der Mensch lebte früher dreckig und stinkend, dann kam das Wasser und er lebte immer noch. Sauberer. Auf einmal entdeckte jemand die Seife, Wasser alleine war nicht gut und der Mensch lebte weiter. Noch sauberer. Irgendwann war herkömmliche Seife böse, denn man gab ja darüber Bakterien weiter, also kam die Flüssigseife aus dem Spender. Mensch lebt, etc. Jetzt läuft Werbung für einen berührungsfreien Seifenspender, denn schliesslich ist das Plastikteil, wo man drauf drückt, eine Bazillenschleuder. Tödlich. Bringt uns sofort um. Und wenn nicht das, dann das Handtuch. Dessen häufiges Waschen verschwendet aber Ressourcen und nutzt böses Waschmittel. Also werfen wir das Handtuch und verwenden Wegwerfpapiertücher, für deren Herstellung Wälder abgeholzt werden. Bringt uns auch um, ab langsamer. Oder auch nicht, schliesslich haben wir früher auch ohne das ganze Geschrubbe überlebt. Zurück zur Kruste. Harte Schale, weicher Kern. Möglicherweise ist die Menschheit aber einfach zu resistent, um sich durch Mikroorganismen ausrotten zu lassen. Menschen sind die wahren Kakerlaken, durch nichts tot zu kriegen. So lange wir jeden Tag unsere Hände waschen. Meine Seife heisst Unschuld.

Aktuell im Ohr: Theme from Warehouse 13

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